Agwe
Kopfgeldjäger Boss
Für Agwe war es die achtzehnte Zigarette in Folge, die er auf seinem Posten in der Hängematte rauchte, doch das verursachte ihm eben so wenige Probleme wie die Tatsache, dass er strenggenommen auch nicht mehr ganz nüchtern war - die fünf Flaschen extrastarkem Rums neben seiner Hängematte bewiesen diese Tatsache. Es war einfach ein so langweiliger und ereignisloser Tag gewesen, dass dem Voodoopriester überhaupt nichts anderes übriggeblieben war, als sich auf diese Art und Weise Zerstreuung zu verschaffen, wenn er denn nicht vor Langeweile eingehen wollte. Ein halbes dutzend Mal hatte er seine Crew gefragt, ob denn niemand von ihnen seelischen Beistand benötigte und nachdem die Hühner ihn wirklich böse angegackert und sowohl Momo wie auch Enrico beinahe etwas nach ihm geworfen hatten, Momo eine Ladung ziemlich wuchtig aussehender Taue und Enrico ein Fass, hatte er es schließlich aufgegeben.
Zu dieser Stimmungsflaute kam außerdem noch eine ziemlich wörtliche Flaute - Schon seit Stunden regte sich kein Lüftchen. Es war absolut windstill, der Himmel wolkenlos und selbst die leichten Wellen, welche die sanft dahingleitende Dschunke im Meerwasser hinterließ waren kaum mehr zu sehen. Es. War. Langweilig.
"Weeeell, gotta train den", beschloss der Schlangenmensch schließlich und stand auf, wobei er sich einen Besen packte, der an die Wand seiner Kajüte gelehnt war. Zwar war er über die Meditation, welchen Kampfstil er denn nun wählen sollte, weiter gekommen, aber das hieß noch lange nicht, dass er ihn plötzlich auf magische Art und Weise beherrschte. Vielmehr hieß es nur dass er jetzt wusste, worauf sein Training genau abzielen sollte, aber die Arbeit, die Muskelkraft, den Hirnschmalz, das musste er immer noch selbst hinkriegen. Also begab sich der Voodoopriester mit vom Alkohol etwas ungelenken Bewegungen nach draußen, um seinen neuen Speerkampfstil ein wenig einzuüben. Wenn halt auch angetrunken und mit einem Besen.
"Hast du 'ne Sauna da drinnen?" fragte Edward, kaum dass Agwe die Tür zu seiner Kajüte aufstieß. In der Tat, die herausquellenden Dunstschwaden mochten den Schluss nahelegen, dass er darin nicht etwa geraucht, sondern ein Dampfbad genommen hatte, einzig und allein der Geruch nach starkem Tabak widerlegte diese These. Der Tüftler rümpfte die Nase. "Ich hab' dir doch schon mal gesagt, Agwe, wie ungesund es ist, den lieben langen Tag nur zu rauchen. Versuch' einfach mal, einen Tag ohne Glimmstängel auszukommen, glaub mir, du wirst es mir danken." Anstatt auf diese esoterischen Ratschläge seines Freundes zu hören, machte Agwe nur eine undeutliche Handbewegung und begann, mit der Spitze seines Besens nach unsichtbaren Feinden zu stechen. Momo, die oben im Krähennest saß, feuerte ihn an, während in einiger Distanz Enricos Schnarchen zu hören war. Bisher, bemerkte Agwe wo er so darüber nachdachte, hatte der brummige Geselle ohnehin fast nur geschlafen, nur gelegentlich mit den Hühnern gesprochen oder musiziert. Er könnte sich an Haydee ein Beispiel nehmen, die kleine Köchin war im Moment rege mit den Vorbereitungen für das Abendessen beschäftigt, dem Geruch nach zu urteilen gab es Fisch.
Von all diesen Details unbeeindruckt focht Agwe weiter gegen unsichtbare Feinde, wobei er jedoch immer mal wieder sich selbst traf und schon nach kurzer Zeit ein blaues Auge davontrug, weil er sich mit dem Stiel seines improvisierten Speers selbst ins Auge gepiekst hatte. Den Loa sei dank war das nicht der echte Speer gewesen, sonst würde er jetzt wohl mit einer dieser modischen Augenklappen herumlaufen müssen.
So vergingen einige Stunden, in denen leider überhaupt nichts erwähnenswertes geschah, außer dass Agwe sich noch zwei weiter Blessuren beim Training holte, indem er über seine eigenen Füße stolperte, und das Haydee das Abendessen auftischte. Wie Agwe vermutet hatte, gab es Fisch, dazu einen leichen Salat, den in seinem Fall die Hühner bekamen, und zum Nachtisch Apfelmus. Lustlos stocherte Agwe in seiner Portion herum und überlegte gerade, ob er Momo nach ihren nautischen Bemühungen fragen wollte, als plötzlich eine steife Brise die Segel straffte. Die glatzköpfige Ausguckdame sah auf, schlang den Rest ihres Nachtisches herunter, inklusive des Tellers und des Löffels, und kletterte mit affenartiger Geschwindigkeit den Mast hoch. Danach rief sie einige Anweisungen herunter, die niemand von der Crew so wirklich verstand und begann, laut vor sich hin zu fluchen. Agwe schenkte ihr keine weitere Beachtung. Jedenfalls nicht, bis sie schließlich etwas brüllte, was er verstand: "Land in Sicht!"
Sofort stürzte der gesamte Bunch zum vorderen Ende des Schiffes, um besser sehen zu können, und tatsächlich: Vor ihnen war Land! Eine Insel! Endlich eine Erlösung von dieser Langeweile! Und mit der steifen Brise im Rücken trug das El Pollo Diablo sie sogar einigermaßen schnell dorthin, sodass sie schon nach kurzer Zeit die Umrisse einiger zweigeschossiger Häuser ausmachen konnten und schließlich sogar ein Ortsschild. Dieses war so überdimensional und weit außerhalb der Stadt aufgestellt, auf die sie zuhielten, dass es leicht zu lesen war, und bestand aus zwei Elementen. Erstens natürlich das Schild, doch darüber befand sich ein Galgen, von dem sogar ein Skelett baumelte, auf dessen skelettiertem Kopf eine Krähe herumhackte. Als das El Pollo Diablo näherkam krächzte der Vogel laut auf und flatterte davon, sodass der tote Körper gespentisch hin und her schaukelte. Auf dem Schild stand, in großen, ungelenken Buchstaben:
"Gallow Town".
Je näher der Mojo Bunch der Insel gekommen war, desto wärmer war es geworden. Schließlich war es so drückend heiß, dass Agwe sich beinahe an Black Lung erinnert fühlte, auch wenn die Luftfeuchtigkeit fehlte. Darüber hinaus aber hatte die Stadt, an deren Hafen sie anlegten, durchaus einige Gemeinsamkeiten mit der Heimatinsel des Voodooarztes: Es war warm, die Häuser bestanden nahezu alle aus Holz und der Hafenmeister hatte keine Vorderzähne mehr, sondern zwei massive Goldklunker. Er grinste den Mojo Bunch an und hob locker zwei Finger an die Schläfe, um sie zu grüßen. "Howdy und willkommen in Gallow Town, Sandheap Island. Ihr seid Neulinge?" Dieser Satz schien für Agwe weniger eine Frage als eine Feststellung zu sein und so nickte er einfach. "Na gut, dann ganz kurz, quasi Grand Line für Neuankömmlinge: Kümmert euch auf dieser Insel einfach um euren Kram und euch passiert nix. Wenn ihr Kopfgeldjäger seid, dann herzlich willkommen, wenn ihr Piraten seid, dann erledigt, weshalb ihr hier seid und dann nix wie weg. Kleiner Tipp von mir. Hübsches Schiff." Der Hafenmeister grinste breit und legte seine Hände auf seinen Gürtel, an dem gleich mehrere Pistolen befestigt waren, wie Agwe feststellte. Ob das eine Drohung sein sollte, da war er sich nicht ganz sicher. "Danke, man. Wo issn' der nächste Schnapsladen? Ich verdurst' hier gleich noch." Mit einem fleischigen Finger deutete der Hafenmeister die Straße hinunter. "Die Straße runter, direkt auf den riesigen Galgen zu. Links davon is' die Gallow Gulch, der beste Saloon der Stadt. Schönen Aufenthalt wünsch' ich."
Agwe bedankte sich mit einem fröhlichen "Is gut, man" und bedeutete seiner Crew dann, mit ihm zu kommen. "Unsere erste Grand Line Insel, people! Begießen wir das erst mal und dann sehen wir uns mal um! Ich muss auf jeden Fall noch mal die Tarotkarten befragen, was die zu dieser Insel hier sagen, man, aber ich bin sicher, wir finden schon noch wen zum Bekehren. Machen wir uns einfach mal 'nen schönen Tag würd' ich sagen. Los, los!"
Zu dieser Stimmungsflaute kam außerdem noch eine ziemlich wörtliche Flaute - Schon seit Stunden regte sich kein Lüftchen. Es war absolut windstill, der Himmel wolkenlos und selbst die leichten Wellen, welche die sanft dahingleitende Dschunke im Meerwasser hinterließ waren kaum mehr zu sehen. Es. War. Langweilig.
"Weeeell, gotta train den", beschloss der Schlangenmensch schließlich und stand auf, wobei er sich einen Besen packte, der an die Wand seiner Kajüte gelehnt war. Zwar war er über die Meditation, welchen Kampfstil er denn nun wählen sollte, weiter gekommen, aber das hieß noch lange nicht, dass er ihn plötzlich auf magische Art und Weise beherrschte. Vielmehr hieß es nur dass er jetzt wusste, worauf sein Training genau abzielen sollte, aber die Arbeit, die Muskelkraft, den Hirnschmalz, das musste er immer noch selbst hinkriegen. Also begab sich der Voodoopriester mit vom Alkohol etwas ungelenken Bewegungen nach draußen, um seinen neuen Speerkampfstil ein wenig einzuüben. Wenn halt auch angetrunken und mit einem Besen.
"Hast du 'ne Sauna da drinnen?" fragte Edward, kaum dass Agwe die Tür zu seiner Kajüte aufstieß. In der Tat, die herausquellenden Dunstschwaden mochten den Schluss nahelegen, dass er darin nicht etwa geraucht, sondern ein Dampfbad genommen hatte, einzig und allein der Geruch nach starkem Tabak widerlegte diese These. Der Tüftler rümpfte die Nase. "Ich hab' dir doch schon mal gesagt, Agwe, wie ungesund es ist, den lieben langen Tag nur zu rauchen. Versuch' einfach mal, einen Tag ohne Glimmstängel auszukommen, glaub mir, du wirst es mir danken." Anstatt auf diese esoterischen Ratschläge seines Freundes zu hören, machte Agwe nur eine undeutliche Handbewegung und begann, mit der Spitze seines Besens nach unsichtbaren Feinden zu stechen. Momo, die oben im Krähennest saß, feuerte ihn an, während in einiger Distanz Enricos Schnarchen zu hören war. Bisher, bemerkte Agwe wo er so darüber nachdachte, hatte der brummige Geselle ohnehin fast nur geschlafen, nur gelegentlich mit den Hühnern gesprochen oder musiziert. Er könnte sich an Haydee ein Beispiel nehmen, die kleine Köchin war im Moment rege mit den Vorbereitungen für das Abendessen beschäftigt, dem Geruch nach zu urteilen gab es Fisch.
Von all diesen Details unbeeindruckt focht Agwe weiter gegen unsichtbare Feinde, wobei er jedoch immer mal wieder sich selbst traf und schon nach kurzer Zeit ein blaues Auge davontrug, weil er sich mit dem Stiel seines improvisierten Speers selbst ins Auge gepiekst hatte. Den Loa sei dank war das nicht der echte Speer gewesen, sonst würde er jetzt wohl mit einer dieser modischen Augenklappen herumlaufen müssen.
So vergingen einige Stunden, in denen leider überhaupt nichts erwähnenswertes geschah, außer dass Agwe sich noch zwei weiter Blessuren beim Training holte, indem er über seine eigenen Füße stolperte, und das Haydee das Abendessen auftischte. Wie Agwe vermutet hatte, gab es Fisch, dazu einen leichen Salat, den in seinem Fall die Hühner bekamen, und zum Nachtisch Apfelmus. Lustlos stocherte Agwe in seiner Portion herum und überlegte gerade, ob er Momo nach ihren nautischen Bemühungen fragen wollte, als plötzlich eine steife Brise die Segel straffte. Die glatzköpfige Ausguckdame sah auf, schlang den Rest ihres Nachtisches herunter, inklusive des Tellers und des Löffels, und kletterte mit affenartiger Geschwindigkeit den Mast hoch. Danach rief sie einige Anweisungen herunter, die niemand von der Crew so wirklich verstand und begann, laut vor sich hin zu fluchen. Agwe schenkte ihr keine weitere Beachtung. Jedenfalls nicht, bis sie schließlich etwas brüllte, was er verstand: "Land in Sicht!"
Sofort stürzte der gesamte Bunch zum vorderen Ende des Schiffes, um besser sehen zu können, und tatsächlich: Vor ihnen war Land! Eine Insel! Endlich eine Erlösung von dieser Langeweile! Und mit der steifen Brise im Rücken trug das El Pollo Diablo sie sogar einigermaßen schnell dorthin, sodass sie schon nach kurzer Zeit die Umrisse einiger zweigeschossiger Häuser ausmachen konnten und schließlich sogar ein Ortsschild. Dieses war so überdimensional und weit außerhalb der Stadt aufgestellt, auf die sie zuhielten, dass es leicht zu lesen war, und bestand aus zwei Elementen. Erstens natürlich das Schild, doch darüber befand sich ein Galgen, von dem sogar ein Skelett baumelte, auf dessen skelettiertem Kopf eine Krähe herumhackte. Als das El Pollo Diablo näherkam krächzte der Vogel laut auf und flatterte davon, sodass der tote Körper gespentisch hin und her schaukelte. Auf dem Schild stand, in großen, ungelenken Buchstaben:
"Gallow Town".
Je näher der Mojo Bunch der Insel gekommen war, desto wärmer war es geworden. Schließlich war es so drückend heiß, dass Agwe sich beinahe an Black Lung erinnert fühlte, auch wenn die Luftfeuchtigkeit fehlte. Darüber hinaus aber hatte die Stadt, an deren Hafen sie anlegten, durchaus einige Gemeinsamkeiten mit der Heimatinsel des Voodooarztes: Es war warm, die Häuser bestanden nahezu alle aus Holz und der Hafenmeister hatte keine Vorderzähne mehr, sondern zwei massive Goldklunker. Er grinste den Mojo Bunch an und hob locker zwei Finger an die Schläfe, um sie zu grüßen. "Howdy und willkommen in Gallow Town, Sandheap Island. Ihr seid Neulinge?" Dieser Satz schien für Agwe weniger eine Frage als eine Feststellung zu sein und so nickte er einfach. "Na gut, dann ganz kurz, quasi Grand Line für Neuankömmlinge: Kümmert euch auf dieser Insel einfach um euren Kram und euch passiert nix. Wenn ihr Kopfgeldjäger seid, dann herzlich willkommen, wenn ihr Piraten seid, dann erledigt, weshalb ihr hier seid und dann nix wie weg. Kleiner Tipp von mir. Hübsches Schiff." Der Hafenmeister grinste breit und legte seine Hände auf seinen Gürtel, an dem gleich mehrere Pistolen befestigt waren, wie Agwe feststellte. Ob das eine Drohung sein sollte, da war er sich nicht ganz sicher. "Danke, man. Wo issn' der nächste Schnapsladen? Ich verdurst' hier gleich noch." Mit einem fleischigen Finger deutete der Hafenmeister die Straße hinunter. "Die Straße runter, direkt auf den riesigen Galgen zu. Links davon is' die Gallow Gulch, der beste Saloon der Stadt. Schönen Aufenthalt wünsch' ich."
Agwe bedankte sich mit einem fröhlichen "Is gut, man" und bedeutete seiner Crew dann, mit ihm zu kommen. "Unsere erste Grand Line Insel, people! Begießen wir das erst mal und dann sehen wir uns mal um! Ich muss auf jeden Fall noch mal die Tarotkarten befragen, was die zu dieser Insel hier sagen, man, aber ich bin sicher, wir finden schon noch wen zum Bekehren. Machen wir uns einfach mal 'nen schönen Tag würd' ich sagen. Los, los!"