Triane kannte bis zu diesem Tag eigentlich nur den Hafen von Ren und die größte Ansammlung von Häusern und Menschen die sie bis dahin gesehen hatte war das Dorf Lotus. Ihre Augen weiteten sich deswegen stark als sie auf die Stadt blickte. Ihr eigentliches Ziel war ja eine Insel mit dem Namen Logue Town, deswegen hatte Tria keine Ahnung wo ihre Reise sie ab hier hinführen sollte. Sie hatte mit vielem gerechnet aber gleich eine Stadt zu sehen die so viel größer war als Lotus, das überrumpelte sie einfach.
/scheiß… die…. Wand… an…/
„Deinen Blicken nach, bist du zum ersten Mal in einer richtigen Stadt?“
Das war Victor, er war an ihrer Seite seid sie das Schiff verlassen hatten, er hatte vorgeschlagen, dass sich beide vor ihrem Duell noch ruhig bei Speis und Trunk stärken könnten. Wie es schien war der blasse junge Mann eher an so viele Menschen gewöhnt als Triane, die sich hier ziemlich klein vorkam und den Anschein erregte, ein wenig verloren zu sein. Vielleicht wollte er sie aufmuntern als er weitersprach.
„Ich gäbe einen kleinen Schatz für deine Gedanken.“
Mit einem sanften Lächeln. Tria sah sich noch einmal um, sie zog die Hafenluft in ihre Nase
/riecht irgendwie ganz anders als der Hafen von Lotus./
Und sprach dann laut und im Brustton der Überzeugung.
„Scheiß die Wand an!“
Einige Menschen drehten sich zu den beiden um, Triane störte das nicht, sie zeigte um sich und rief nur weiter.
„Ist das denn wirklich wahr? Der Hafen ist ja riesig! So viele Häuser!? So viele Menschen? Was essen die nur alle!? Und bei Varine… soll das da hinten etwa ein Schloss sein? Ein richtig echtes!? Ich will den Typen sehen der da drin lebt, das muss ein echter Riese sein!“
Dabei funkelten ihre Augen vor Neugierde und Begeisterung in einem kindlichen Licht, dass sie viel jünger erscheinen ließ. Einige Leute fingen an zu tuscheln, was wohl dieser gruselige Typ da mit dem Mädchen macht, oder aus welchem Kuhdorf die wohl kommen. Triane fühlte sich einfach nur hin und her gerissen von den vielen neuen Eindrücken und sprang hin und her um sich alles genau an zu sehen, Krämerläden, Schneider, Bäckereien und und und… da kam Izumi fast schon nicht mehr hinterher. Nach einiger Zeit dann aber holte sie doch die Müdigkeit ein /wie war das noch mal mit Essen?/
Vicky war dabei ihnen eine entsprechende Lokalität zu suchen, wobei Triane gar nicht wusste warum er so wählerisch sein musste. Dann hörte sie diese Melodie, jemand spielte Musik hier auf der Straße, sowas kannte Tria bereits schon, im Hafen von Ren gab auch schon immer wieder mal Straßenkünstler, die sich während ihres kurzen Aufenthalts etwas dazu verdienen wollten. Quelle dieser Musik hier war ein rothaariges Mädchen mit einer Flöte. Triane überlegte erst ob sie sich dazusetzen sollte und mit ihrer Okarina spielen sollte, aber ihr knurrender Magen erinnerte sie daran, dass es noch etwas Wichtigeres zu tun gab. Victor sprach das Mädchen auch gleich an, wollte wissen wo sie etwas zum Essen und zu trinken herbekommen konnten, er lud das Mädchen sogar dazu ein, aber sie antwortete gar nicht. Es spielte seine Melodie einfach weiter, sie sah zwar immer wieder zu Vicky hin, aber sagte nichts. Die Melodie gefiel Triane schon sehr, aber ihr Hunger nach Fleisch war im Moment viel höher als der nach Kultur. Sie wollte Victor schon einfach am Ärmel packen und weiter ziehen als ihr etwas auffiel
„Das ist doch…“
Trian stieß den jungen Mann mit den roten Augen einfach bei Seite und betrachtete das Mädchen eingehend, dabei kam der rothaarigen das Gesicht der silberhaarigen immer näher, langsam, Zentimeter für Zentimeter , es wurde dem Mädchen schon langsam unangenehm und ihr Spiel wurde unsauber, dann plötzlich schnellten Trianes Hände hervor. Die rechte legte sich an das Gesicht des Mädchens und die linke an dessen Hinterkopf , vor Schock ließ sie ihre Flöte fallen, doch die allzeit bereite Izumi fing das Holzinstrument behände mit ihren Zähnen. Ja, dieser Kiefer konnte einen Arm knacken wie ein Streichholz, aber er konnte Triane auch einen Zahnstocher reichen ohne ihn zu beschädigen. Trianes rechter Daumen legte sich unter das linke Ohr des Mädchens und Zeige und Mittelfinger legten sich um das Kinn, diesen Griff hatte Tria gelernt um Leuten den Mund zu öffnen und ihnen beim Essen zu helfen, sie brauchte jetzt nur noch mit dem Daumen gegen den Oberkiefer zu drücken und mit dem Zeigefinger gegen das Kinn und der Mund des Mädchens öffnete sich weit. Mit der linken Hand zog Tria den Kopf des Mädchens etwas zurück, so dass das Sonnenlicht in ihren Rachen fiel. Dem Mädchen war das natürlich gar nicht recht, es versuchte sich zu wehren und ihre kleinen Fäuste boxten auf Tria ein, aber das schien kaum einen Effekt zu haben „Hab dich nicht so!“ zischte Triane während sie angestrengt und konzentriert in den Mund des Mädchens sah „Ich weiß was ich tue… ich bin Arzt! Entweder hilfst du mir, oder es wird Zeit für eine örtliche Betäubung … MIT MEINER FAUST!“ Dabei hob sie die linke Hand zur Faust geballt und schlug gegen die Wand, wobei sich der Putz löste und die Faust eine gute Spur in der Ziegelmauer dahinter hinterließ, kein ganzes Loch, aber der Stein splitterte und es fielen einige Stücke vom Stein herunter als sie die Faust wieder wegnahm. Das Mädchen hörte mit ihrer Zuckerwatten-Blitzfaust-Attacke auf, vielleicht hatte sie ja verstanden, vielleicht sah sie auch einfach nur ein, dass es keinen Sinn hatte. Triane legte ihre Hand dann wieder an den Kopf des Mädchens, bewegte ihn noch ein wenig
„Nehm doch mal die Zunge da weg! Sag AAAAAAHHH… ja so ist das besser… warte mal… hm?“
dann bog sie den Kopf des Mädchens weiter zurück, betrachtete ihren Hals
„Ja ganz eindeutig… absoluter Mutismus aufgrund eines massiven Traumata der Ligamenta vocalia, erstaunlicherweise ohne Cartilago arytaenoidea oder Cartilago thyroidea zu verletzten… kein trachealer Vulnus… sehr interessant.“
Victor stand nur verwundert daneben „Wie bitte?“ fragte er nach einer Weile, Triane ließ das Mädchen los, sie nahm Izumi in aller Ruhe die Flöte ab „gutes Mädchen“ reinigte sie mit einem Tuch und gab sie der rothaarigen zurück „Sie kann nicht reden, weil ihr jemand die Kehle durchgeschnitten hat… entweder war das ein sehr stümperhafter Mordversuch, oder ein wirklich erstaunlich akkurater Schnitt von einem Profi, den ich gerne mal kennen lernen würde.“ Sie sah zurück zu dem Mädchen, sah ihr in die Augen. Vielleicht hatte dieses Mädchen jetzt er geglaubt, dass Triane wirklich so etwas wie eine Ärztin war, Trianes gelbe Augen trafen die Violeten Augen ihres Gegenübers, Triane glaubte darin ein gewisses Schimmern zu sehen, das sah sie schon häufig. Menschen mit Verletzungen, besonders die mit schweren Verletzungen, sahen in einem Arzt immer die Hoffnung „Ich habe von noch keinem Chirurgen gehört der das wieder nähen könnte und von keiner Medizin die diesen Schaden aufheben könnte… sie wird nie wieder reden können…“ es gab einen traurigen stillen Moment zwischen den Beiden, der Blick des Mädchen hatte sich wieder gesenkt, Trianes Worte hörte sie wohl nicht zum ersten Mal, sie wollte ihren Blick schon abwenden als Tria weitersprach „aber das ist alles Bullshit!“ Triane verlor ihren ernsten Gesichtsausdruck und grinste wieder von Ohr zu Ohr „ich bin der festen Überzeugung, dass man ALLES heilen kann.“ Sie stemmte die Fäuste in ihre Hüfte „Mein Name ist Triane, vom Kloster auf Ren… und ich weiß, dass mit ein wenig harter Arbeit und der Hilfe der Götter, jede Verletzung geheilt wird… man darf nur nie den Glauben daran verlieren.“ Sie nickte entschlossen /Hätte ich nur schon meine Erleuchtung gefunden, ich könnte dieses Problem sicher gleich hier auf der Straße lösen…/ „oh! Und das hier ist meine Schwester Izumi… und das ist Vicky, wir suchen einen Ort wo wir was trinken können… aber in erster Linie habe ich Huuuuuuuuuunger.“ Dabei zog sie das U solang, dass es sich wie ein Wolfsheulen anhörte, in das Izumi gleich einstieg. Da stahl sich ein Lächeln auf das Gesicht des Mädchens, sie nickte ihnen zu.
Nur wenige Minuten später hatte das Mädchen die beiden zu einer Bar geführt, Triane und Izumi schnüffelten in der Luft, Tria sah zu Izumi und Izumi sah zu Tria, beide schienen sich einig zu sein in einer wichtigen Erkenntnis „Ja… hier gibt es gutes Essen.“ Sagte Tria, sie gab dem Mädchen einen sehr freundschaftlichen Knuff auf den Arm, den sie sich danach rieb, das würde einen blauen Fleck geben, auch wenn Tria gar nicht so fest zugehauen hatte „danke Lyly.“ Das Mädchen war so freundlich gewesen ihren Namen für die drei in den Sand der Straße zu schreiben, aber Triane hatte sie noch nicht einmal Lydia genannt. Zudem konnte Vicky und Tria auch herausfinden, dass Lydia ihre Flöte nicht zufällig dabei hatte, Trianes erste Annahme war nämlich gar nicht falsch, sie war eine Musikerin /es muss schwer sein so eine schöne Musik zu machen, aber nicht singen zu können…/
Es gab später ein Problem beim Türsteher.
„Keine Tiere!“
Das war tatsächlich ein Problem, der massive Glatzkopf, der fast doppelt so groß war die Triane wollte Izumi nicht reinlassen. Tria sah nur lächelnd zu Victor „Geh doch schon mal vor… bestell uns allen schon mal was… und was das Essen angeht merke dir bitte besonders gut ein Wort… Fleisch!“ Victor ging vor, die drei Mädchen blieben draußen bei dem Türsteher. Triane sah dann zu Lydia „weißt du Lyly, ich und Vicky sind nicht ohne Grund zusammen unterwegs, sobald wir uns hier etwas gestärkt haben und in Stimmung sind, wollen wir etwas guten alten Spaß für zwei Erwachsene haben… wir wollen kämpfen. Dieses Duell steht schon etwas länger aus und Vicky hat verdient, dass ich mein bestes gebe… wir sind keine Feinde oder so, es geht also nicht um Leben oder Tot, nur zwei Typen die ihre Kraft messen wollen. Ich finde, sowohl ich als auch Vicky haben uns nach dem ganzen Warten verdient, dass es ein ganz besonderer Kampf wird… und ich wollte schon immer mal ein Duell mit Kampfmusik! Und du bist doch Musikerin!“ sie deutete auf die Flöte „Würdest du für uns spielen? Geld ist kein Problem.“ Sie stellte ihren Seesack vor Lydia ab und öffnete ihn, ganz oben hatte sie die 120.000 Berry gestapelt, die sie auf dem Schiff bekommen hatte „D-das reicht doch… oder?“ Lydia gab erstmal keine weiteren Angaben, sie nickte nur. Dann sah sie aber besorgt zu dem Türsteher. Triane sah ihn mit einem zuckersüßen Lächeln an.
„bitte?“
„Keine Ausnahmen.“
Triane seufzte, dann holte sie tief Luft, sie musste sich konzentrieren. Schneller als der massige Türsteher reagieren konnte zog Tria ihm mit einem Kick die Füße weg und als er auf seinem breiten Hintern landete stieß Tria ihren Ellenbogen gegen sein Gesicht und drückte ihn gegen die Wand.
„Hör zu Schwabbel! Ich habe keinen Bock auf diesen Mist! Meine Izumi“
Der Wolf stand knurrend neben dem Mann, die Zähen gefletscht, ihr warmer Sabber tropfte auf das Bein des Mannes während sie laut bellte.
„Will einen großen saftigen Knochen haben… und den kriegt sie… entweder da drinn, oder hier… von dir.“
Sie sah dem Mann fest in die Augen
„Die Wahl liegt bei dir.“
Als Tria, Lydia und Izumi zu Victor an den Tisch kamen standen darauf bereits drei Gläser mit Rotwein. Triane hatte nichts gegen Wein /Ein Gläschen Rotwein am Tag ist gut fürs Herz…/ „Der Wirt meinte du wirst nirgends im Umkreis soviel Fleisch finden wie auf seiner Fleischplatte.“ Meinte Victor noch mit einem begrüßenden Lächeln „Was ist mit Izumi?“ fragte Tria zurück „ich… sehe nichts zu trinke für sie… hast du für sie auch was bestellt?“ „ehm… ich… ich wusste nicht… wegen dem Türsteher und…“ „Ich hab dem Typen ein gutes Angebot gemacht… was ist mit Izumis Essen? Sollen wir zwei uns etwa eine Portion teilen? Das wird nichts, das kennen wir schon, da wird keine von uns beiden Satt… ach… ich kümmer mich selbst darum, Izumi? Komm mit.“ Als Triane zur Bar ging hörte sie noch Victor zu Lydia sprechen „und ich würde gerne deine Künste als Musikerin in Anspruch nehmen, weißt du ich und Triane…“ danach war die Entfernung zu groß und die Lautstärke der anderen Gäste war zu laut um mehr zu hören, aber da war egal, Triane hatte schon für die Musik bei ihrem Duell gesorgt und jetzt hatte sich wichtigeres zu tun.
Als sie mit Izumi an die Bar kam sah der Wirt sie verwundert an „was soll denn das? Wie ist denn der Köter hier rein gekommen? Keine Tiere!“ Triane packte ihn an seiner grässlich bunten Krawatte und zog den Wirt daran zu sich „Wir müssen ein kurzes Gespräch über Tierliebe führen…“
Es dauerte schon einige Zeit, aber dann kam Tria mit Izumi zurück, sie hatte eine große Schale mit Wasser dabei. Als sie sie auf den Boden abgesetzt hatte machte Izumi sich gleich ans trinken. Vicky sah zu Tria.
„Rate mal, Lydia hat zugesagt heute für uns zu spielen, etwas Tischmusik macht das Essen gleich noch mal so gut… und ich sagte ihr, wenn sie will kann sie auch dabei sein und spielen, wenn wir…“
„oh? Du meinst, wenn es richtig losgeht? Ja das habe ich ihr auch vorgeschlagen.“
„Es würde dir nichts ausmachen, wenn wir zu dritt… also, wenn noch jemand dabei ist und Musik spielt?“
„Was? Nein, nein, das wollte ich schon immer mal machen… ganz unter uns, ich glaube die Kleine hat viel mehr drauf als sie uns sehen lässt… wenn ich mit dir fertig bin will sie vielleicht auch mal ran?“
„Glaubst du wirklich…?“
„Natürlich… alle drei auf einmal wäre irgendwie merkwürdig… wobei das ja auch geht… ich habe es auch schon mal mit vieren auf einmal aufgenommen.“
„V-vier!? Vier auf einmal… aber wie…?“
„Naja, ist schon anstrengend... aber der Trick ist es nicht aufzugeben und nicht nach zu lassen, benutze alles was du kannst, auch die Hände und die Füße… ja verdammt im Notfall auch den Mund! Auch wenn andere Frauen dabei sind… die sind meistens viel anstrengender als Männer...“
„andere Frauen?“
„ja, natürlich tu ich es auch mit Frauen… wir sind den Männern wenigstens ebenbürtig, vielleicht nicht so stark, aber unheimlich geschmeidig und Geschick… also damals im Kloster hatte ich eine gute Freundin, naja eher Bettnachbarin… und die konnte Sachen mit ihren Fingern machen… das hättest du sehen sollen.“
„hätte ich gerne…“
Konnte Triane da ein wenig Nasenbluten sehen? Das musste sie sich eingebildet haben.
Die beiden waren so in ihr Gespräch versunken, dass sie sie gar nicht bemerkten wie Lydia ihnen immer wieder gestikulierte, mit weit fächernden Armen und schüttelnden Kopf. Ihr ganzer Körper schien zu schreien „nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein!“
Dann sah sie zu Izumi, mit nasser Schnauze zu ihr aufsah und sie konnte erstaunlich viel Verständnis im Gesicht des Tieres wiederfinden, vor allem als Izumi einfach nur zweifelnd den Kopf hängen ließ.